n der Kirche St. Otmar können der Turm, die Orgel und die Sakristei besichtigt werden. (Bild: Michel Canonica)
RELIGION ⋅ Die Kirche St. Otmar führt am Samstag erstmals zusammen mit der Paradies Moschee einen Tag der offenen Tür durch. Ziel der Aktion ist, Vorurteile abzubauen – und Gemeinsamkeiten hervorzuheben.
29. März 2017, 05:37
Luca Ghiselli
Im ehemaligen Restaurant Burghof an der Paradiesstrasse wird seit rund fünf Jahren nicht mehr gekegelt, sondern gebetet. Und schon seit der Gründung des Vereins Paradiesmoschee öffnet diese jedes Jahr der interessierten Bevölkerung ihre Türen. Dieses Jahr spannt der muslimische Verein nun erstmals mit der katholischen Kirche zusammen: Kommenden Samstag gewährt die Kirche St. Otmar gemeinsam mit der Moschee an der Paradiesstrasse Einblicke – um aufzuklären, sich besser kennen zu lernen und auszutauschen.
Dem medial vermittelten Bild entgegentreten
«Bei uns im Quartier ist die muslimische Bevölkerung zahlreich vertreten», sagt der Pfarreibeauftragte Hanspeter Wagner. «Wir sehen es deshalb auch als unsere Aufgabe, das gegenseitige Kennenlernen voranzutreiben.» Vergangenen September habe man zu diesem Zweck bereits ein Begegnungsfest veranstaltet, mit dem gemeinsamen Tag der offenen Tür wolle man nun einen weiteren Schritt machen. «Medial ist der Islam seit geraumer Zeit ein Dauerthema. Doch viele Aspekte werden dabei ausser Acht gelassen», sagt Wagner. Am Tag der offenen Tür könne man hinter die Kulissen einer Moschee blicken und Menschen kennenlernen, die eben nicht ins mediale vermittelte Bild passen. «Es ist uns ein Anliegen, auf Gemeinsamkeiten unserer Religionen aufmerksam zu machen», sagt Wagner.
Die internationale Ausrichtung verbindet
Das Christentum und der Islam hätten die gleiche Wurzel: «Über unserem Kirchenportal ist der brennende Dornbusch und die Offenbarung Gottes an Moses abgebildet», sagt Wagner. Diese Erzählung werde auch in einer Sure des Korans aufgegriffen. Neben theologischen Gemeinsamkeiten verbindet auch die ähnliche Ausrichtung die Moschee und die Kirche im Otmar-Quartier.
«Wir sind beide sehr international ausgerichtet. Bei uns finden Gottesdienste für Eritreer, Vietnamesen, Tamilen und Englischsprachige statt», sagt Wagner. Diese Diversität würde man auch in der Paradiesmoschee vorfinden. Der Imam der Moschee, Fehim Dragusha, legt grossen Wert auf Offenheit. Jedes Jahr veröffentlicht er Berichte, lädt Vertreter der Stadt und anderer Glaubensgemeinschaften zu sich ein. «In unseren Gebetsräumen verkehren Menschen aus 13 Nationen – von Malaysia über den Kosovo bis hin zu Indonesien», erzählt Dragusha. In der Paradiesmoschee wird – im Gegensatz zu den meisten anderen muslimischen Gotteshäusern – auch auf Deutsch gepredigt. «Die Moschee ist ein öffentlicher Ort wie die Migros oder der Aldi. Dort wird auch Deutsch gesprochen», sagt Dragusha. Ihm geht es nicht nur darum, Vorurteile der Nichtmuslime gegenüber seinem Glauben abzubauen. «Auch Muslime haben manchmal Vorbehalte, in die Moschee zu kommen», sagt der Imam. Viele seien deshalb nur ungenügend über den Glauben informiert. «Das wollen wir ändern und sprechen bewusst auch junge Menschen an.»
Morgens in der Kirche und nachmittags in der Moschee
Kommenden Samstag, 10 Uhr, öffnen sowohl die Kirche St. Otmar als auch die Paradies-Moschee ihre Türen. Der erste Programmpunkt ist eine Führung durch die Kirche mit anschliessendem Angelus-Gebet und einer kurzen Einführung ins Christentum. Zur Mittagsverpflegung gibt’s eine Fastensuppe, bevor um 13.15 Uhr eine Führung durch die Räume der kürzlich renovierten Moschee ansteht. Anschliessend wird erneut gemeinsam gebetet, bevor eine Einführung in den Islam mit Fragerunde stattfindet. Zum Abschluss besteht noch die Gelegenheit, spezielle Orte in der Kirche wie die Orgel, den Kirchenschatz und den Turm der Kirche St. Otmar zu besichtigen. An beiden Orten ist von 10 bis 16 Uhr durchgehend mindestens eine Auskunftsperson anwesend.